Donnerstag, 5. März 2009

Interview mit Sharon Adler

Julia Witt
1. Sonntag ist Frauentag, was bedeutet der Tag für Sie persönlich?


Sharon Adler: Der 8. März ist für mich heute im Wesentlichen in Verbindung mit der Neuen Frauenbewegung der nach 1968er Frauen und dem Aufruf der Vereinten Nationen zu sehen. Der Charakter ist aus meiner Sicht heute weiter und umfassender geworden. Vielleicht kennen Sie das Zitat der frauenpolitisch engagierten luxemburgischen EU-Kommissarin Viviane Reding: „Solange wir einen Frauentag feiern müssen, bedeutet das, dass wir keine Gleichberechtigung haben.“

2. AVIVA-Berlin ist eines der bestgepflegten Internetportale, immer aktuell, thematisch vielseitig, ambitioniert für Berlin und dennoch mit Herz und Blick für die Welt. Wie schafft frau das?

Sharon Adler: Vielen Dank! Wir arbeiten täglich an den Inhalten, sind immer am Puls der Zeit und greifen kontinuierlich neue Themen auf. In den neun Jahren, in denen AVIVA-Berlin als Online-Magazin für moderne Frauen in und um Berlin besteht, habe ich ein engagiertes Redaktionsteam gewinnen können. Wir sind gut vernetzt, umfassend informiert und fragen sowohl bei den politischen Akteurinnen in der Stadt als auch bei Künstlerinnen und Expertinnen nach. Frauen, Frauenvereine, Organisationen oder Vereine, die sich gezielt an Frauen wenden möchten, suchen und pflegen den Kontakt zu uns.

3. Treffen sich zwei Frauen, aus Singapur die Eine, die andere aus Nordschweden, finden sie sofort Gemeinsamkeiten frauenpolitische Ziele betreffend. Warum ist es aber so kompliziert (gewesen ?) zwischen Ost- und westdeutschen Frauen gemeinsame und von beiden akzeptierte Politiklinien zu entwickeln?


Sharon Adler: Die Singalesin und die Schwedin werden sich wahrscheinlich schnell über globale Frauenthemen verständigen. Frauen aus Ost- und Westdeutschland sprechen zwar die gleiche Sprache, doch häufig ist Unterschiedliches gemeint, was an der jeweiligen Sozialisierung liegt. Mittlerweile hat sich jedoch gezeigt, dass viele Themen bei Frauen in Ost und West ähnliche Betroffenheit hervorrufen und dass deshalb immer mehr Kooperationen und Politiklinien möglich und notwendig werden.

4. Am Freitag wird Frauensenator Harald Wolf den Frauenpreis 09 übergeben, welche Wirkung hat aus Ihrer Sicht so ein Preis ?

Sharon Adler: Der Berliner Frauenpreis 2009 ist ein wichtiger öffentlicher Preis. Er zeichnet jährlich das Engagement einer Berlinerin aus, die sich durch ihren Einsatz in herausragender Weise für die Emanzipation der Geschlechter eingesetzt hat. Ich freue mich sehr, dass der Berliner Frauenpreis 2009 an die Psychotherapeutin Sybille Rothkegel vergeben wird. Sie setzt sich seit Jahren für traumatisierte Migrantinnen und Migranten ebenso wie für Opfer rechtsextremer, fremdenfeindlicher oder antisemitischer Gewalt ein. Die Vergabe ist aus meiner Sicht in diesem Jahr zusätzlich ein wichtiges und deutliches Signal, denn der neue Antisemitismus hat verstärkt zugenommen und ist längst – auch in der Mitte Deutschlands – erneut gesellschaftsfähig geworden. Ich freue mich, auf eine illustre Reihe von Preisträgerinnen, die jungen Frauen ein Vorbild sein können.

5. Jetzt kommen die drei Wünsche: was wäre aus Ihrer Sicht für 09 das Wichtigste für die Frauen in Berlin?


Sharon Adler: Meine beiden ersten Wünsche beziehen sich auf die Situation von Frauen im allgemeinem und sind leider Wünsche, die ich als Feministin schon sehr lange mit mir herumtrage.

Erstens, dass geschlechtsspezifische Verstöße gegen die Menscherechte, wie z.B. häusliche Gewalt, Vergewaltigung oder Zwangsprostitution stärker geahndet werden. Zweitens, dass Frauen wirkliche Chancengleichheit erhalten, so in Form von gleicher Bezahlung, denn es ist vielfach immer noch so, dass Frauen für die gleiche Arbeit weniger Entgelt erhalten. Der Bereich der Chancengleichheit beschränkt sich aber nicht nur auf die Entlohnung, sondern umfasst viele andere Aspekte wie Gesundheitsversorgung, Bildung, etc. Mein dritter Wunsch entspringt aus meiner Sicht der Medienfrau und Fotografin dem gerade erschienenen Bericht der Kreativwirtschaft und ist stärker auf die Situation in Berlin gerichtet. In diesem Sektor der Creative Industries entwickelt sich Berlin großartig. Trotz positiver Entwicklung ist zu verzeichnen, dass sich die Situation der in diesem Feld Tätigen jedoch dramatisch verschlechtert hat. Hier wünsche ich mir ein Aktionsprogramm, welches differenziert auf die Entwicklungen eingeht und Themen der Finanzierung, Mikrokredite etc. für die Kreativen in dieser Stadt entwickelt.

AVIVA-BERLIN.de - das Online-Magazin für Frauen

Sharon Adler Herausgeberin www.aviva-berlin.de
Fotografie www.pixelmeer.de

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