Dienstag, 13. April 2010

Wir freuen uns schon auf den nächsten Feinkost Salon mit Sharon Adler


Feinkost -  der Frauensalon
Persönliche Einladung


Zu unserem
15. Berliner Frauensalon „feinkost“
möchten wir Sie ganz herzlich einladen.

Wir freuen uns, Sie am Mittwoch, dem 26. Mai 2010
ab 19 Uhr begrüßen zu können.

Um 19.30 Uhr starten wir wie immer mit einem Einstiegsvortrag.

Diesmal haben wir
Sharon Adler
Herausgeberin des Frauenportals
„Aviva-Berlin“
zu Gast.

Im Mittelpunkt steht der Austausch der Frauen untereinander in angenehmer Atmosphäre.

Wir sind zu Gast im Frauenzentrum „Paula Panke“
Schulstrasse 25 in 13187 Berlin


Getränke und kleiner Imbiss sind vor Ort gegen eine
Spende für das Frauenzentrum erhältlich.

Mit herzlichem Gruß
Kerstin Liebich & Juliane Witt

Aktuelles finden Sie immer unter
www.feinkost-salon.blogspot.com
Um Rückantwort an Juliane.Witt@senwtf.berlin.de wird gebeten.

( nur auf Einladung )

Rede von Senator Wolf bei der Tagung Frauen in die Aufsichtsräte 12.4.



Sehr geehrte Damen und Herren,

ich begrüße Sie herzlich auf unserer heutigen Veranstaltung „Mehr Frauen in die Aufsichtsräte – effektive Wege zum Ziel“. Ich freue mich sehr, dass Sie so zahlreich erschienen sind. Sie sind  Vertreterinnen und Vertreter aus der Wirtschaft, sowohl aus Unternehmen der Privatwirtschaft sowie aus Berliner Landesunternehmen. Sie kommen aus der Legislative und der Verwaltung. Sie kommen aus Verbänden, politischen Stiftungen und aus der Wissenschaft. Ich denke, dass ist eine hervorragende Mischung, wenn wir heute gemeinsam aufzeigen wollen, wie wir erheblich mehr Frauen den Weg in die Aufsichträte ebnen können.

Warum hat die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Technologie und Frauen diese Veranstaltung gerade jetzt ins Leben gerufen?

Zum einen ist es mir als Frauen- und Wirtschaftssenator ein grundsätzliches Anliegen, dieses Thema inhaltlich voranzutreiben. Auch im Jahr 2010 sind Frauen in den Aufsichtsräten der deutschen Unternehmen noch erheblich unterrepräsentiert. Dies ist ein Defizit, das nicht nur deshalb inakzeptabel ist, weil Frauen die Teilhabe an Entscheidungsprozessen verwehrt wird, sondern auch deshalb, weil enorme Ressourcen verloren gehen – Ressourcen für die Wirtschaft und die Gesellschaft insgesamt. Hier sind Unternehmen gerade auch in ihrer gesellschaftlichen Verantwortung angesprochen. Einer Verantwortung, die umso größer ist, je mehr Beschäftigte ein Unternehmen hat und je breiter die Kapitalanteile gestreut sind.

Zum anderen hat sich die Thematik im Fokus des politischen Interesses etabliert. Die Bundesregierung zeigt sich allerdings auffallend zurückhaltend bei der Frage der Schaffung einer verbindlichen Regelung eines Mindestanteils von Frauen in den Aufsichtsräten, obwohl auch in der Regierungskoalition auf Bundesebene eine gewisse progressive Dynamik zu verzeichnen ist:

So fordert beispielsweise die Frauen-Union eine gesetzliche Regelung für mehr Frauen in den Aufsichtsräten. Die Bundesländer stehen der Frage einer verbindlichen gesetzlichen Regelung ebenfalls offener gegenüber. Beispielsweise ist im Koalitionsvertrag des Saarlandes zwischen CDU, FDP und Bü90/Grünen festgeschrieben, dass eine entsprechende Bundesratsinitiative zu prüfen und ggf. umzusetzen ist.
Die Konferenz der Gleichstellungs- und Frauenministerinnen, -minister der Länder und voraussichtlich auch die Konferenz der Justizministerinnen, -minister werden das Thema „Frauen in den Aufsichtsräten“ im Frühsommer dieses Jahres mit der Zielstellung der Schaffung einer gesetzlichen Regelung aufgreifen.

Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung berichtete zuletzt im Januar dieses Jahres, dass Frauen in den Aufsichtsräten der 200 größten Unternehmen nur zu rund zehn Prozent vertreten sind. Drei Viertel dieser Frauen gehören dem Aufsichtsrat auf der Arbeitnehmerseite auf Grundlage der Mitbestimmungsregeln an. Auf der Vorstandsebene der hundert umsatzstärksten Unternehmen wird sogar die Marke von einem Prozent unterschritten: nur 0,9 Prozent der Vorstandspositionen sind mit Frauen besetzt.

Das Defizit liegt klar auf der Hand. Es gibt viele gut ausgebildete, hochqualifizierte Frauen. Sie machen sogar die besseren Abschlüsse an den Universitäten. Frauen kommen allerdings nicht in den obersten Unternehmensetagen an. Frauen stoßen an die sog. gläserne Decke - die eigentlich als Betondecke bezeichnet werden muss - und kommen nicht weiter.
Die Gründe dafür sind in wissenschaftlich belegten, diskriminierenden Strukturen in unserer Gesellschaft selbst zu finden. Dies sind zum einen tatsächliche Strukturen, wie etwa die Hemmnisse bei der Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Oft sind dies aber auch virtuelle Strukturen, die in den Köpfen der derzeitigen männlichen Führungskräfte und auch der Frauen selbst Barrieren aufbauen, wie eine Studie des Instituts Sinus Sociovision im Auftrag des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend zeigt.

Im Land Berlin hilft uns das Landesgleichstellungsgesetz, das bei den Beteiligungsunternehmen und den Anstalten öffentlichen Rechts bereits gute Erfolge gezeigt hat. Weil wir das Landesgleichstellungsgesetz mit einer sog Gremienregelung haben, konnte ich die Aufsichts- bzw. Verwaltungsratspositionen für Vertreterinnen und Vertreter des Landes Berlin in den Anstalten des öffentlichen Rechts meines Geschäftsbereichs, die Berliner Stadtreinigungsbetriebe, Investitionsbank Berlin, Berliner Wasserbetriebe und die Berliner Verkehrsbetriebe, zu 50 Prozent mit Frauen - also geschlechtergerecht - besetzen.

Für die Beteiligungen des Landes Berlin insgesamt ist innerhalb der Jahre 2004 bis 2009 der Anteil der Frauen an den vom Land zu besetzenden Mandaten in Aufsichtsgremien von 16 % auf 39,4 %  gestiegen.

Für die Ebene der Unternehmensleitungen hat der Senat Ende März die Novelle des Landesgleichstellungsgesetzes auf den Weg gebracht. Die Novelle stellt sicher, dass die Vorstands- und Geschäftsleitungspositionen in den Anstalten, Körperschaften und Stiftungen öffentlichen Rechts öffentlich bekanntgemacht und Personalberater instruiert werden, gleichermaßen nach Frauen und Männern zu suchen. Die Suche nach geeigneten Kandidatinnen und Kandidaten muss dokumentiert werden. Zudem sind Frauen unter Bewerberinnen und Bewerbern mit gleicher Qualifikation zu bevorzugen. Durch diese Elemente haben wir einen weiteren  Baustein für noch mehr Geschlechtergerechtigkeit auf der Ebene der Unternehmensleitungen gesetzt.
Darüber hinaus ist der Senat bestrebt, den Ausbau von Professionalisierungsangeboten für Frauen in Führungspositionen zu unterstützen und führt hierzu Gespräche mit Weiterbildungsinstitutionen.

Die zitierten  Zahlen belegen, dass sich nur bei Druck etwas Wesentliches bewegt. Druck durch in Gesetzesform gegossene Vorgaben. Ein gutes Beispiel dafür ist die Quote für Aufsichtsräte in Norwegen, über die wir heute noch hören werden. Im Jahr 2003 lag der Anteil der Frauen in den Aufsichtsräten in den norwegischen börsennotierten Aktiengesellschaften bei 7 Prozent. Nach Einführung einer Quotenregelung stieg der Anteil ausweislich der EU-Statistik nun im Jahr 2009 auf 42 Prozent. Auch in anderen Staaten gibt es Diskussionen über Quotenregelungen: In Frankreich und den Niederlanden wurden Entwürfe im Parlament vorgelegt, in Schweden, Belgien und Österreich gibt es rege Diskussionen über eine Quote für Frauen in Aufsichtsräten.

Die Erfolge auf Berliner Ebene und in anderen Staaten Europas zeigen, dass nur eine verbindliche gesetzliche Regelung Veränderungen bringt. Die Bundesregierung verharrt bei ihren Ankündigungen des Koalitionsvertrags, zur Erhöhung des Anteils der Frauen in den Vorständen und Aufsichtsräten Berichtspflichten der Unternehmen zu schaffen sowie Selbstverpflichtungen der Unternehmen einzuführen. Absichten für weitere Stufen, die tatsächlich mehr Frauen in die Aufsichtsräte bringen, sind bislang nicht zu vernehmen. Dabei hat die Vereinbarung zwischen der Bundesregierung und den Spitzenverbänden der deutschen Wirtschaft aus dem Jahr 2001 uns gezeigt, dass sich auf freiwilliger Basis nichts Wesentliches geändert hat.

Was diese Vereinbarung aus dem Jahr 2001 allerdings deutlich macht, ist, dass die Unternehmen den Willen haben, die Unterrepräsentanz von Frauen in Führungspositionen zu beseitigen. Die Zahlen belegen, dass sie es nicht schaffen, diesen Willen in die Tat umzusetzen. Da müssen wir den Unternehmen mit einer gesetzlichen Regelung behilflich sein.

Wenn wir uns heute der Frage widmen, welches Modell das richtige und das verfassungsrechtlich mögliche ist, um mehr Frauen den Wege in die Aufsichtsräte zu ebnen, sollten wir vor Augen haben, was wir erreichen wollen.
Das kurzfristige Ziel ist, dass ernsthaft nach Frauen gesucht wird und dass Frauen sichtbar gemacht werden. Im Bewusstsein der Gesellschaft sollte es als selbstverständlich verankert sein, dass Frauen mindestens ebenso gut wie Männer Positionen in der obersten Führungsetage ausfüllen. Das langfristige Ziel ist die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen an Entscheidungsprozessen. Der Weg dahin geht nur über eine klare und verbindliche Zielvorgabe für die Unternehmen und einen klaren Durchsetzungsmechanismus, der bewirkt, dass die Unternehmen alle erdenklichen Anstrengungen leisten, um diese Vorgabe einzuhalten.

Es ist erfreulicherweise bereits einiges in Bewegung gekommen. Die Telekom realisiert, dass sie auf weibliches Potential nicht verzichten möchte und legt z. B. für sich selbst eine Quote von 30% auf allen Unternehmensebenen fest. Der Deutsche Juristinnenbund engagiert sich erfolgreich bei der Aktion „Aktionärinnen fordern ein“ und unterstützt Akteurinnen, die auf Hauptversammlungen von Aktiengesellschaften die Diversity- und Genderpolitik der Unternehmen hinterfragen. Die Organisation FidAR (Frauen in die Aufsichtsräte), die auch auf unserer heutigen Veranstaltung vertreten ist, engagiert sich. Zahlreiche Publikationen berichten über das Thema „Frauen in den Aufsichtsräten“ und verstärken das gleichstellungspolitische Bewusstsein in der Gesellschaft. Auch die Regierungskommission Deutscher Corporate Governance Kodex greift das Thema auf und beabsichtigt, eine Regelung einzuführen, die börsennotierte Gesellschaften zu Verbindlicherem verpflichtet, als (nur) auf Diversity zu achten. Eine Vertreterin der Regierungskommission ist heute in unserer Diskussionsrunde zu Gast.

Nutzen wir diesen Schwung und die Aufbruchsstimmung, um auf Bundesebene eine gesetzliche Regelung anzustoßen, die tatsächlich die Frauen in die Aufsichtsräte bringt. Parallel dazu ist unabdingbar, dass wir die Rahmenbedingungen für berufstätige Frauen in den Unternehmen und in der Gesellschaft insgesamt verbessern, so dass zum Beispiel Beruf und Familie besser vereinbar sind. Ich möchte gleichzeitig die Frauen ermutigen, selbst die Dinge in die Hand zu nehmen. Ich ermutige Sie – greifen Sie nach den Positionen auf oberster Unternehmensebene.

Ich freue mich, wenn die Vorträge und Diskussionen unserer Veranstaltung heute einige Anregungen und Impulse geben und wünsche uns und Ihnen einen höchst erkenntnisreichen Abend.

Interview mit Carola von Braun, Vositzende der Überparteilichen Fraueninitiative Berlin

Julia Witt: Frau v. Braun, Sie werden am 15. April 2010 aus den Händen von Senator Wolf das Bundesverdienstkreuz für Ihr langjähriges frauenpolitisches Engagement erhalten.
Was war der entscheidende Punkt, die erste Entscheidung für dieses Thema?

Carola von Braun: Ich bin Jahrgang 1942 und habe meine prägenden Jahre im behüteten bürgerlichen Bonn erlebt. In meiner Herkunftsfamilie waren Frauen gleichberechtigt, deshalb war das Gleichberechtigungsthema für mich bis in mein Erwachsenenalter nicht wirklich relevant. Erst als meine Kinder kamen und ich erkannte, dass eine interessante verantwortungsvolle Aufgabe nicht in Teilzeitarbeit zu haben war, hat das meine Augen geöffnet für die vielen subtilen und die direkten Mechanismen, die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen in unserer Gesellschaft erschweren oder unmöglich machen. In meiner Tätigkeit als Bundestagsabgeordnete und bildungspolitische Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion habe ich mich dann in die tief verwurzelten Rollenbild-prägungen in unserem deutschen Bildungssystem hineingekniet und verstehen gelernt, wie konservativ Deutschland in diesem Bereich ist, um Lichtjahre hinter vielen anderen europäischen Staaten zurückliegt, wenn es um wirkliche Gleichberechtigung geht. Aber dass es um eine gesellschafts-systemische Frage geht, um Herrschaftsstrukturen, das habe ich erst in Berlin lernen können, in einer Metropole mit einem dichten, hochaktiven, professionell agierenden Frauennetzwerk, mit bedeutenden Wissenschaftlerinnen, politik- und medienerfahrenen Frauen aus Politik, Verbänden, Projekten.

Julia Witt
Sie waren die erste Frauenbeauftragte Berlins, haben die weitere Entwicklung seitdem immer verfolgt: was ist der größte Fortschritt oder Erfolg für die Frauen der Hauptstadt aus Ihrer Sicht?
CvB: Aus der Sicht einer zugezogenen Westberlinerin – die Vertreterinnen der Ostberliner Frauenbewegung habe ich ja erst ab 1990 kennengelernt – war der größte Erfolg, den die Berlinerinnen für sich erkämpft haben, dass sie es geschafft haben, als ernstzunehmende durchsetzungsfähige politische Bewegung wahrgenommen zu werden. Die Phase des größten Einflusses der Frauenbewegung in Berlin waren aus meiner Sicht die zweite Hälfte der 80er Jahre, als es zu einer punktuellen Zusammenarbeit zwischen der autonomen Frauenbewegung und der alten, eher bürgerlichen, traditionellen Frauenbewegung kam. Die autonome Frauenbewegung mit ihrem fundierten herrschaftskritischen Ansatz, der von einem Teil der Medien auch unterstützt wurde, kooperierte mit der eher bildungspolitisch orientierten alten Frauenbewegung, das brachte den eigentlichen Durchbruch. Mit dieser überparteilichen Kooperation gelang etwas, das in keiner anderen Stadt so erfolgreich verlief wie in Berlin. Beispiele: wenn es um die Finanzierung von Frauenprojekten ging, von Frauenforschungseinrichtungen, von Förder-programmen für Frauen, dann gab es eine geschlossene Phalanx von weiblichen Abgeordneten aus allen Fraktionen im Parlament, Demonstrationen von Frauen vor dem Rathaus, unterstützt von einem großen weiblichen Publikum in den entscheidenden Ausschüssen. Jeder Mann, der bei solchen Anhörungen diskriminierende Äußerungen von sich gab, konnte sicher sein, dass dieses Zitat am nächsten Tag in den Berliner Zeitungen zu lesen oder in der „Abendschau“ zu sehen war. Fairerweise muss auch gesagt werden, dass es in allen Fraktionen Männer gab, die diese gleichberechtigungspolitischen Ziele unterstützten. Aber es ging eben nicht nur um Finanzierung: es ging auch um strukturelle Veränderungen; im Verwaltungshandeln, in der beruflichen Bildung, in der Wirtschafs- und Arbeitswelt, um eine vollständig andere Sicht auf gesellschaftliche Strukturen. Für die überfälligen Reformen in diesen Bereichen hat die Frauenbewegung – in enger Kooperation mit dem inzwischen eingesetzten Netz von hauptberuflichen Frauenbeauftragten im Senat, den Bezirken, den Hochschulen, Eigenbetrieben usw. - erreicht, dass sich langsam aber sicher ein Bewusstsein dafür entwickelte, wo eine gleichberechtigte Teilhabe von Frauen behindert wurde, wo Verbesserungen nötig waren. Diese erfolgreiche Phase der Frauenbewegung fand ihr Ende in den Jahren 1989/1990. Plötzlich hatten Reformthemen sehr zu kämpfen um öffentliche Wahrnehmung und Unterstützung, nach der Vereinigung waren andere Themen nun „wichtiger“. Die West-Frauenbewegung und die Ost-Frauenbewegung fand zunächst keine gemeinsame Sprache, wechselseitige Enttäuschungen machten sich breit. Erst heute, 20 Jahre später, bemerken wir – wie dies im Kongress der Überparteilichen Faueninitiative „Frauen – sichten – Politik: 1989 – 2009 und die Frauen“ deutlich wurde, wieviel Ost- und Westfrauen gemeinsam in den letzten 20 Jahren erreicht haben. Das Bewusstsein für das Gemeinsam Erreichte wächst aber.

Julia Witt
Ihr Engagement in der “Überparteilichen Fraueninitiative Berlin - Stadt der Frauen“ beruht auf der Vorstellung, dass Frauen im parlamentarischen Raum gemeinsame Interessen haben und diese auch gemeinsam besser durchsetzen können und müssen. Welche solchen erfolgreichen Aktionen gab es und müsste nicht wieder mehr geschehen, damit diese über die Fraktion reichenden Aktivitäten sichtbar werden?
CvB: Die Gründung der Überparteilichen Fraueninitiative war nicht nur eine sehr erfolgreiche Kooperation von Parlamentarierinnen aller Fraktionen, sie hat von Anfang an immer eng zusammengearbeitet mit Frauenprojekten, Frauen aus Verbänden, Institutionen usw. Insbesondere unsere heutigen Ehrenmitglieder Elke Herer, damals frauenpolitische Sprecherin der PDS und Gisela Vollradt als kenntnisreiche Vertreterin der Frauenprojekte, waren wichtige Gründungsmitglieder der ersten Stunde. Die Gründungsarbeit wurde von Anfang an sehr unterstützt von den damaligen Senatorinnen Dr. Christine Bergmann und Prof. Jutta Limbach, wofür wir heute noch dankbar sind.
2012 wird die Überparteiliche Fraueninitiative 20 Jahre alt. Das ist für eine rein ehrenamtlich arbeitende Initiative beachtlich. Ein Rückblick auf eine Auswahl unserer Aktivitäten in der jüngeren Zeigt zeigt, dass der Bedarf nach so einer überparteilichen Frauenorganisation offenbar nie nachgelassen hat.
Neben der regelmäßigen politischen Kontaktarbeit mit Parlamentarier-Innen/SenatorInnen, die zu öffentlichen Gesprächen eingeladen werden, der Erarbeitung von politischen Stellungnahmen zu frauenrelevanten Themen (z.B. zu den Auswirkungen der sog. „Hartz“-Gesetzgebung auf Frauen in Kooperation mit anderen Frauenverbänden), führen wir in Abständen größere Veranstaltungen durch zu Themen, die nach unserer Áuffassung in der öffentlichen Debatte zu kurz kommen. Ich denke an unseren Kongress „Demographischer Wandel und Gender“ in 2007, der die „weissen Flecken“ im politischen und im Verwaltungshandeln auf diesem hochbrisanten Feld einer älter werdenden Gesellschaft deutlich gemacht hat. Oder der erwähnte Kongress „Frauen-Sichten-Politik“ von November 2009, der dargestellt hat, wie viel Frauen zum Gelingen der friedlichen Revolution in der früheren DDR beigetragen haben, was heute schon wieder vergessen ist, und – noch wichtiger – wie viel Ost- und Westfrauen tatsächlich gemeinsam durchgesetzt haben in den letzten 20 Jahren.
Uns vor allem darum, das große Frauen-Netzwerk in Berlin zu festigen für die Auseinandersetzungen beim Umbau der Sozialsysteme, der Wirtschafts- und Arbeitswelt. Das Bewusstsein für dieses wichtige Netzwerk wächst von Jahr zu Jahr: dazu trägt auch unser jährlicher Neujahrsempfang bei, bei dem wir inzwischen bis zu 300 Frauen aus allen Bereichen des Öffentlichen Lebens begrüßen können, die sich darüber freuen, interessante Frauen aus anderen Arbeitsfeldern kennen lernen zu können oder wieder zu sehen.

Julia Witt
Ihr Engagement betrifft auch besonders die Situation von Frauen in Gesundheitsberufen, geprägt von schlechter Bezahlung, hohem Effizienz-Druck und der Gefahr der Verdrängung durch Frauen aus Niedriglohnländern. Wie kann dieser Gruppe aus Ihrer Sicht geholfen werden, wie kann die Thematik Frauen und prekäre Beschäftigung bearbeitet werden?
CvB: Der Arbeitsmarkt der Gesundheits- und Pflegeberufe ist der einzige, der garantiert und explosionsartig wächst. Aber die Arbeitsbedingungen in diesen Berufen machen uns Sorge. Frauen stellen fast 80 % der Arbeitskräfte in diesen hochverantwortlichen, qualifizierten Berufen, aber sie sind schlecht bezahlt, die Arbeitsbedingungen sind so, dass viele Frauen vor ihrem 40ten Lebensjahr aussteigen. Die Fluktuation in diesen Berufen ist enorm, das ist eine Katastrophe: für die Frauen als Arbeitnehmerinnen, für die Arbeitgeber, die händeringend nach neuen Fachkräften suchen, für die Patientinnen und Patienten. Wir müssen hier zu anderen Arbeitsbedingungen kommen, zu besserer Bezahlung und sozialer Absicherung. Wir wollen in Kooperation mit anderen Frauenverbänden an einem Forderungskatalog arbeiten, der diese Probleme anspricht und Lösungen vorschlägt und diese den Parlamenten in Bund und Land vorlegen. Wir hoffen sehr, dass wir damit auch die politische Aktivierung der Frauen in den Gesundheitsberufen stärken können. '

Julia Witt
Ihre Auszeichnung ist Anerkennung für Geleistetes, sicher auch Ansporn für weitere Aktivitäten: ein Congress „Europa der Bürgerinnen“ ist in Vorbereitung.
Was sind die Ziele und welche Mitstreiterinnen werden noch gebraucht ?
CvB:
In Kooperation mit anderen Frauenverbänden wie dem Deutschen Frauenrat, dem Landesfrauenrat, der Europäischen Frauenlobby wollen wir wieder, wie schon 1998 in etwa 2 Jahren einen Kongress „Europa der Bürgerinnen“ durchführen, in dem die Erfolge und die Probleme in der europäischen Gleichberechtigungspolitik dargestellt werden sollen. Wir wollen Parlamentarierinnen, Regierungsmitglieder, Frauenvertreterinnen aus vielen europäischen Ländern zu einem Gedankenaustausch einladen, an dessen Ziel wieder ein Forderungskatalog an die nationalen Regierungen stehen soll. Themen werden voraussichtlich sein: die Lage der Migrantinnen in der EU, die Zukunft der Dienstleistungsberufe in der EU, der Arbeitskultur(en) in Europa. Das ist ein ehrgeiziges Vorhaben, für das viel organisatorische und finanzielle Unterstützung gebraucht werden wird. Wir hoffen hier auf die Unterstützung von Stiftungen, des Bundes und der EU, von Frauenorganisationen. Aber ich bin sicher: wir schaffen das gemeinsam.

Dienstag, 6. April 2010

Die Pausen-Frauen

Die Pausen-Frauen

Von Julia Löhr FAZ
12. Februar 2010

Die Empörung ist programmiert. Kaum kommt eine Studie zu dem Ergebnis, dass Frauen in Spitzenpositionen Mangelware sind, wird das Klagelied auf die "Old-Boys-Networks" angestimmt, die angeblich den Weg in die Top-Etagen der Wirtschaft versperren. Von gläsernen Decken ist da die Rede, die Frauen an einem Aufstieg hindern. Zuletzt befeuerte das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung die Diskussion. Nur 2,5 Prozent der Vorstände in den 200 größten Unternehmen Deutschlands sind weiblich, rechneten zwei Forscherinnen des Instituts vor. 21 Frauen in den Vorständen stehen 812 Männer gegenüber. Und das, obwohl Frauen die Hälfte der Bevölkerung ausmachen.

Skandal! Oder doch nicht? Die Diskrepanz zwischen den beiden Zahlen ist Fakt. Allerdings spricht vieles dafür, dass die Aufregung darüber verfehlt ist. Zunächst sollte niemand vergessen, wie viel sich in den vergangenen Jahrzehnten getan hat. Für die Generation der heute Sechzigjährigen stand noch außer Frage, wo Frauen ihren Platz haben: daheim, als treusorgende Ehefrau und Mutter. Noch bis Mitte der siebziger Jahre war gesetzlich festgeschrieben, dass sich die Frauen um den Haushalt zu kümmern hatten und die Männer ums Geldverdienen. Dass sich aus dieser Generation überhaupt Frauen durchgekämpft haben und Unternehmen führen, ist durchaus ein Erfolg. Der Abschied von den Ambitionen

Spannend ist die Frage, wie es nun weitergeht. Ob die Frauen, die heute am Anfang ihres Berufslebens stehen, in größerer Zahl in die Vorstände und Aufsichtsräte der Wirtschaft einziehen werden? Die Voraussetzungen dafür sind denkbar gut. 56 Prozent der Abiturienten: Frauen. 51 Prozent der Hochschulabsolventen: Frauen. Oft haben sie noch dazu die besseren Noten. Und sie sind willens, etwas daraus zu machen. Personalverantwortliche berichten, dass etwa in Auswahlverfahren für Traineeprogramme Bewerberinnen ihre männlichen Konkurrenten regelmäßig in den Schatten stellen.

Doch schon auf Teamleiter-Ebene schmilzt der Frauenanteil dahin. Das hat nicht zuletzt mit der Familienplanung zu tun. Nicht wenige Frauen verabschieden sich von ihren einstigen Ambitionen, sobald sie Mutter werden. Bereitwillig fügen sie sich wieder in die alten Rollenmuster ein. Sie kümmern sich um die Familie, pausieren im Beruf, ein Jahr auf jeden Fall, schließlich ersetzt das Elterngeld in dieser Zeit einen Großteil des wegfallenden Einkommens. Blöd, wer das nicht mitnehmen würde, argumentieren Mütter und verbringen ihre Tage fortan in Krabbelgruppen und auf Spielplätzen.
Kehren sie später in ihren Beruf zurück, dann oft mit reduzierter Arbeitszeit. Mehr als 80 Prozent aller Teilzeit-Erwerbstätigen in Deutschland sind Frauen. Ihre männlichen Kollegen betreuen derweil die wichtigen, zeitaufwendigen Projekte, werden befördert, steigern ihre Gehälter, kurzum: Sie machen Karriere.
Headhunter finden kaum Kandidatinnen

Die Pausen-Frauen treiben Personalberater zur Verzweiflung. Glaubt man den Erzählungen, verlangen Aufsichtsräte und Vorstände mit Nachdruck Kandidatinnen, wenn eine Führungsposition zu besetzen ist. Wer gut ist, dem stehe nichts im Weg, ganz im Gegenteil, die vermeintlichen Männerbünde würden Frauen mit offenen Armen empfangen, heißt es. Abwegig ist das nicht: Managerinnen sind gut für das Image eines Unternehmens. Noch nie wurde so viel über einen Einkaufsvorstand berichtet wie über den von Siemens. Und das alles nur, weil Barbara Kux eine Frau ist, die einzige Frau im Führungsgremium eines Dax-Konzerns. Den Wunsch nach mehr Frauen an der Spitze können die Headhunter jedoch selten erfüllen - sie finden kaum Kandidatinnen im mittleren Management, die in Frage kämen.

Kein Zweifel, in Deutschland gibt es zu wenige Betreuungseinrichtungen für Kinder, besonders solche, die es beiden Elternteilen ermöglichen, Vollzeit zu arbeiten und auch mal Überstunden und Dienstreisen zu machen. Solange ein Ganztagsplatz um 16 Uhr endet und Sommerferien sechs Wochen dauern, ist es ein nervlicher und finanzieller Kraftakt, Familie und Beruf zu vereinbaren. Aber oft fehlt eben auch der Wille, es überhaupt zu versuchen. Weil Elternzeit und Teilzeit bequemer sind. Weil der Mann genug für alle verdient. Weil vielen Frauen Karriere ohnehin nicht so wichtig ist, wie Umfragen immer wieder ergeben.

Das heißt nicht, dass jeder weibliche Hochschulabsolvent der Vorzeigefrau von Siemens nacheifern soll. Jede Frau muss für sich selbst entscheiden, welche Prioritäten sie in ihrem Leben setzt. Ob sie Kinder möchte. Und wenn ja: wie viel Zeit sie der Familie und wie viel Zeit sie dem Berufsleben widmet. Solange sich jedoch weiterhin so viele gut ausgebildete Frauen bewusst dafür entscheiden, ihren Beruf aufzugeben oder ihm nur noch mit Hobby-Charakter nachzugehen, sollten sie auch so ehrlich sein, sich nicht über zu wenige Frauen in Führungspositionen zu beschweren, gar eine gesetzliche Frauenquote nach norwegischem Vorbild zu fordern. Es ist zu einfach, den Männern Blockadehaltung vorzuwerfen. Allzu oft stehen sich die Frauen selbst im Weg.

Text: F.A.Z.

Studie für Geschlechterkooperation

Forschungsbericht plädiert für Geschlechterkooperation in Führungspositionen

Warum gibt es so wenige Frauen in Führungspositionen und wie lässt sich dieses Ungleichgewicht auch zum Nutzen der Unternehmen ändern? Diese Frage steht im Mittelpunkt eines Forschungsberichts, den jetzt Prof. Dr. Birger Priddat, Lehrstuhlinhaber für Volkswirtschaft und Philosophie an der Universität Witten/Herdecke, in Kooperation mit Dr. Ursula Pasero von der Universität Kiel fertig gestellt hat. Der Titel: "Neue Führungsstile und das Glass Cieling Problem".

Das kommende Erfolgsmodell, das Chancengleichheit und effektives Management verbindet, könnte in der gleichberechtigten Kooperation der Geschlechter liegen. Schon jetzt zeichnet sich ab, dass Unternehmen, die die Karrieren von Frauen blockieren, wirtschaftlich weniger erfolgreich sind. Zwar sind immer mehr Frauen hoch qualifiziert, doch ihr Anteil in den Führungsetagen bleibt gering. Schlüsselwörter der Studie sind "Gender Trouble" und Glass Ceiling".

Zum Gender Trouble, einem Konflikt der Geschlechter um Karriere, kommt es, wenn sich einer Frau trotz ihrer nachweisbaren Kompetenz keine Aufstiegschancen bieten. Der Begriff Glass Ceiling beschreibt das Phänomen scheinbar unsichtbarer Barrieren in Organisationen, die Frauen bislang noch daran hindern, im Karriereverlauf in die höchsten Positionen zu gelangen. Weil diese Barrieren nicht unmittelbar erkennbar sind, erscheinen sie als Glass Ceiling, als "gläserne Decke".

Je mehr Frauen beschäftigt werden, desto häufiger haben wir es mit gender-mixes zu tun, in denen nicht nur Frauen mit Männern, sondern zunehmend Männer mit Frauen konkurrieren. In solchen neuen Mischungen sind dann nicht mehr die Geschlechter, sondern die individuellen Kompetenzen führend. Der Forschungsbericht wurde vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert.

Ursula Pasero/Birger Priddat: Neue Führungsstile und das Glass Ceiling Phänomen: Ein Vergleich zwischen Organisationssystemen in Wirtschaft und Wissenschaft, Forschungsbericht 2003

Kontakt: Prof. Dr. Birger Priddat, Tel.: 02302/926-567; birgerp@uni-wh.de

Gemeinsam durch die gläserne Decke

Von Uta Jungmann für die FAZ
11. März 2010

Wie weit Studenten mit ihrem Abschluss kommen, hängt nicht nur von den Noten ab. Für die berufliche Zukunft zählt auch das Beziehungsgeflecht, das sie aufgebaut haben - an der Hochschule, in Stiftungen, bei Praktika und im Freundeskreis. Wer männlich ist, Riten und Bräuche schätzt, sucht sich seine Kontakte womöglich in einer Studentenverbindung. Mal als Seilschaften geschmäht, mal als Netzwerke gelobt, gelten die akademischen Bünde bis heute als Karrieremacher. Doch längst sind sie nicht mehr reine Männersache: Seit 20 Jahren wächst die Zahl der Damenverbindungen stetig an.

Wie männliche Korporationen setzen die rund 40 weiblichen Verbindungen in Deutschland auf das Lebensbund-Prinzip und die sozialen Brücken zwischen ihren Mitgliedern. „Wir tauschen Erfahrungen über Altersgrenzen hinweg aus, wenn wir uns mit unseren Hohen Damen treffen, den ehemaligen Aktiven“, berichtet Lina Collet, die in Münster Betriebswirtschaft studiert und der Verbindung Helenia Monasteria angehört. „Darauf beruht, was sich heute Mentoring nennt“, urteilt der Historiker Harald Lönnecker, der im Bundesarchiv Koblenz zur Studentengeschichte forscht. „Seit Frauen um 1900 an den Hochschulen zugelassen worden sind, haben sie sich vernetzt, bald die Älteren in den Bünden als Vorreiterinnen gesehen und sich Tipps von ihnen geholt, akademisch, beruflich und privat.“
Neu in Münster, gefiel auch Lina Collet die Idee, in der Helenia mit Frauen aus verschiedenen Fächern zu lernen und zu feiern. „Und die studentische Tradition zu pflegen, wenn wir Farben tragen oder das Münsterlied bei unserer Kneipe singen“, ergänzt sie. Zudem schweißen gemeinsam organisierte Feste, Vorträge und Stammtische zusammen, auch mit den Hohen Damen.
Aber mächtige Netzwerke wie unter den Männern sind daraus bisher kaum gewachsen - vor allem deshalb, weil Damenkorporationen meist die Einbindung in einen großen Dachverband fehlt. Eine der wenigen Ausnahmen ist die Unitas Clara-Schumann Bonn, die beim Verband der wissenschaftlichen katholischen Studentenvereine angesiedelt ist. Doch mehr als eine Info-Börse für Praktika oder Jobs soll es auch dort nicht geben, schon gar keine Vetternwirtschaft. Im Vordergrund steht offiziell stattdessen, Freundinnen fürs Leben zu finden, die Werte und Überzeugungen teilen. Freilich kann selbst unter Bundesschwestern nicht jede mit jeder gleich gut. „Man lernt, mit verschiedenen Charakteren klarzukommen“, bemerkt die Germanistikstudentin Julia Brinker. „Eigene Ideen durchzubringen, ohne die der anderen außer Acht zu lassen - und probt das nicht erst später im Büro.“ Für die junge Frau, die später eine PR-Agentur leiten will, lohnt sich der Zeitaufwand fürs Verbindungsleben nicht nur deshalb. „Es ist auch pudelwitzig, dabei zu sein“, sagt sie. „Wir haben einen Teamgeist entwickelt, mit dem wir durch alle Höhen und Tiefen gehen. In der Verbindung, im Studium und darüber hinaus.“
Nicht nur auf soziale Bande, mehr noch auf soziales Training legen indes weibliche Karriere-Zirkel für Fortgeschrittene wert. „Männer sind nicht böse und halten Frauen auch nicht vom Aufstieg ab“ - davon ist jedenfalls Sibylle Gruner überzeugt, die als Betriebsleiterin in einem Chemiekonzern arbeitet und Vorstand im Netzwerk European Women's Management Development (EWMD) ist. „In manchen Branchen sind Männer nur stärker vertreten und prägen das Umfeld. Kommt da eine Frau hinein, sollte sie wissen, was sie tun muss, um darin zu überleben und wahrgenommen zu werden.“ Doch Frauen halten sich nach ihrer Erfahrung eher zurück, wollen mehr durch Leistung als durch Eigenmarketing glänzen. „Viele drängen sich nicht vor, wenn es um die Präsentation ihrer Ergebnisse geht“, sagt Gruner. „Sie prüfen auch kritischer, ob sie eine höhere Position ausfüllen können.“
Frauen fehlt oft das Zutrauen

Solche Hemmungen könnten mehr als vermeintliche verschwörerische Männerbünde dafür sorgen, dass Frauen in der Wirtschaft nur selten an die Spitze kommen. Dafür spricht zum Beispiel eine Umfrage des EWMD unter den wenigen weiblichen Aufsichtsräten und Vorständen: Deren Ansicht nach fehlen anderen Frauen nicht die Fähigkeiten für die Top-Jobs, sondern oft das Zutrauen in sie - und der Glaube an den eigenen Erfolg. „Um diese gläserne Decke im Kopf zu durchstoßen, hilft es ungemein, Vorbilder um sich zu haben“, unterstreicht Gruner. „Sie bestärken einen beim Karrieresprung und sagen: Du machst einen super Job - trau dich und spring!“

In 40 europäischen Städten arbeitet das Netzwerk daran, Frauen ins Top-Management zu befördern. Unternehmen nutzen den Zirkel mit seinen 800 Mitgliedern wiederum auf der Suche nach geeigneten Führungskräften. Damit die Weichen früh richtig gestellt werden, gibt es zudem ein EWMD-Mentoring für den Nachwuchs. Virginia Madukanya hat es genutzt, als sie beim Abschluss ihrer Promotion darüber nachdachte, wie es weitergehen soll - ob an der Uni, wie bisher in einer Personalberatung oder in einem anderen Unternehmen. Am Ende hat sich die Wirtschaftspsychologin für den Wechsel ins Talent-Management eines Lebensmittelkonzerns entschieden. „Meine Mentorin hat die richtigen Fragen gestellt, zum Beispiel, was eine Stelle für meine Ziele bietet“, lobt sie.
„Männer sind von klein auf gewohnt, um ihren Platz zu rangeln“

Rückhalt und Austausch im weiblichen Netz helfen auch gegen Entmutigungen kurz nach dem Berufseinstieg. „An der Hochschule zählen in erster Linie Leistung und Noten, um weiterzukommen“, sagt Angelika Wagner, die Leiterin des Expertinnen-Beratungsnetzes an der Universität Hamburg. In der Wirtschaftswelt ändern sich die Spielregeln. „Männer sind von klein auf gewohnt, um ihren Platz zu rangeln“, sagt die Sozialwissenschaftlerin. „Auf viele Frauen wirkt das, als hätten sie Tennis spielen gelernt und müssten sich nun auf dem Fußballfeld beweisen.“ Hinzu kommen Missverständnisse - wie jenes, dass Frauen aufgrund ihrer guten Leistung schon bemerkt würden. „Der Vorgesetzte hört indes nicht viel von ihren Erfolgen und wirbt auch nicht für ihren Namen“, warnt Wagner. Wer aber nicht bekannt ist, wird nicht gefördert - und bleibt nach zwei, drei Jahren im Beruf stecken, der Aufstieg endet an der vielbeklagten „gläsernen Decke“.

Damit Frauen die Mikropolitik in Unternehmen verstehen lernen, hat die Universität Hamburg jetzt das Förderprogramm Unica für Studentinnen und Doktorandinnen - vorerst nur der Sozialwissenschaften - ins Leben gerufen: Ausgesucht wurden 20 Kandidatinnen, die nicht nur mit Noten glänzen, sondern in Tests vorab Teamgeist und Durchsetzungswillen bewiesen haben. Im April beginnt das Projekt, an dem sich Unternehmen wie Unilever, Philipps oder Otto beteiligen. Workshops zur beruflichen Entwicklung, auch zur inneren Gelassenheit, gehören dazu.

Zugleich sollen erfolgreiche Managerinnen vier Jahre lang den Berufsstarterinnen zur Seite stehen: Bei der Wahl des Einstiegsjobs, beim späteren Umgang mit den informellen Regeln des Unternehmens und beim Verfolgen ihrer Karriereziele. „Unsere Mentorinnen kennen die Kniffe und wissen, wie man unsichtbare Hürden nehmen kann“, formuliert Jenny Rohde die Erwartungen. Auch von ihren Mit-Mentees verspricht sich die Psychologiediplomandin Impulse für den eigenen Werdegang. „Schließlich ist die Idee menschlich, sich gegenseitig zu unterstützen.“
Mehrheit der Managerinnen gegen Frauenquote
22.03.2010 von Jochen Mai
Lediglich 44 Prozent der Top-Managerinnen befürworten die Einführung einer gesetzlichen Frauenquote.

Das ist das Ergebnis einer Befragung der Personalberatung Odgers Berndtson unter 49 Managerinnen, die in einem der 500 umsatzstärksten Unternehmen in Deutschland eine Vorstands- oder Geschäftsführungsposition inne haben. Die Mehrheit der Frauen aber sah hierin die Gefahr, als Quotenfrau abqualifiziert zu werden. Dennoch räumen alle Befragten ein, dass eine gesetzliche Regelung temporär hilfreich wäre, um den Frauenanteil in deutschen Führungsgremien zu erhöhen. Zudem fordern die Managerinnen junge, karrierewillige Frauen auf, aktiver und selbstbewusster zu sein und ihre beruflichen Netzwerke gezielter für die eigene Karriere zu nutzen.

Für die Frauenquote als Türöffner

Frauenquote als Türöffner
Frauen an die Unternehmensspitzen

Frauen in Spitzenpositionen der deutschen Wirtschaft sind immer noch rar. Dabei hatten Bundesregierung und Spitzenverbände der Wirtschaft bereits vor neun Jahren vereinbart, die Karrierechancen für Frauen zu verbessern. Die Deutsche Telekom will nun eine Frauenquote einführen. Die Wirtschaft aber will keine verpflichtende Quote. Aber werden so Zukunftschancen vergeben? ML hat mit zwei Top-Managerinnen gesprochen.
Andrea Schauer hat es geschafft, sie hat ihre Kerle im Griff. Sie steht an der Spitze von Millionen Männchen, bei Playmobil. Das war nicht immer so. Auch sie scheiterte einst an dem Männerklüngel bei ihrem früheren Arbeitgeber: "Ab der mittleren Führungsebene aufwärts war alles fest in männlicher Hand, nicht weil es nicht genügend qualifizierte Frauen gibt, sondern weil es ein ungeschriebenes Gesetz war, dass Frauen in diese Verantwortungsbereiche nicht zugelassen wurden."
Andrea Schauer, Geschäftsführerin bei Playmobil.
Ganz anders bei Playmobil. Andrea Schauer führt das Unternehmen seit 2000 höchst erfolgreich, mit einem gemischten Team und versteht nicht, warum andere Unternehmen nicht mitziehen: "In Deutschland hat sich etwas zementiert, was so nicht bleiben kann. Über 50 Prozent der Studienabgänger sind junge Frauen und im Topmanagement der deutschen Unternehmen kommen gerade mal fünf Prozent an."

Schon in den 80er Jahren kämpften die Frauen für die Quote in der Politik. Die Grünen haben sie seitdem und auch die SPD, und in der Wirtschaft? Wo ganz oben die Luft dünn und das Klima rau ist, sind die Frauen noch nicht wirklich angekommen. So liegt der Frauenanteil in den Vorständen der 200 größten deutschen Unternehmen sogar nur bei sage und schreibe 2,5 Prozent. Für Andrea Schauer ein Unding: "Wir können uns das für die Zukunft nicht leisten. Wir erwarten Fachkräftemangel im Spitzenniveau und da kann man nicht 50 Prozent einfach links liegen lassen", meint sie.
Doch es gibt einen Lichtblick: Die Männer von der Telekom haben begriffen, dass sie mit mehr Frauen erfolgreicher sein können. Als erstes Dax-Unternehmen will es 30 Prozent der Führungsjobs weltweit weiblich besetzen. Ob Werbecoup oder tatsächlich Ernst gemeint, wird sich weisen. Und unsere Bundesfrauenministerin Kristina Schröder? Sie lehnt die Quote per Gesetz ab. Das wäre eine rein kosmetische Korrektur, Gesetze wirkten wie Cortison gegen Hautausschlag, so ihr Begründungsversuch.

Dagegen spricht jahrzehntelange Erfahrung, auch von Manuela Rousseau. Sie hat es aus eigener Kraft in eine Spitzenposition beim Kosmetikkonzern Beiersdorf geschafft. Keine Frau ist gerne Quotenfrau, sagt sie. Dennoch muss etwas passieren, notfalls per Gesetz, und zwar schnell. Und die Frauen müssen Regeln lernen, so Rousseau: "Man muss sich in Konflikten bewegen, nicht harmoniesüchtig sein. Man muss auch eine Streitfähigkeit an den Tag legen. Und man muss sich selbst entscheiden, etwas zu wollen und dann diese Entscheidung auch mit vollem Herzen umsetzen."

Die Norweger haben vorgemacht, wie es geht. Dort sind in den Aufsichtsräten 40 Prozent Frauen Pflicht. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung in Berlin hat untersucht, wie hoch der Anteil von Frauen in Spitzenpositionen wie Vorstand oder Aufsichtsrat in deutschen Unternehmen ist. Die Zahlen sind ernüchternd: In den Vorständen der 200 größten deutschen Unternehmen sind 2,5 Prozent Frauen vertreten, 21 Frauen bei 833 Sitzen. In den Aufsichtsräten sind es etwa 10 Prozent, 214 von 2175 Aufsichtsratsposten. Diese werden hauptsächlich von Arbeitnehmerseite entsandt.
Nur die wenigsten Frauen schaffen es tatsächlich in den Himmel der Macht, die meisten bleiben irgendwo dazwischen stecken. Muss Quotenfrau also immer noch ein Schimpfwort sein? Nein, sagt sogar Hildegard Hamm-Brücher, die große Liberale, die früher immer gegen die Quote war. "Ich habe mit der Vernunft, der Einsicht und der Kollegialität der Männer gerechnet und habe mich verrechnet", sagt sie heute. Nach 50 Jahren politischem Kampf glaubt auch sie, dass nur noch Druck helfen kann: "Ich bin jetzt dafür, wenn die Wirtschaft es nicht freiwillig tut, dass wir mit der Quote das durchsetzen müssen, was bereits voll im Gange ist."
Die Telekom sagt: Mit mehr Frauen an der Spitze sind wir einfach besser. Ob das andere Unternehmen überzeugt? Sollte es. Es könnte sonst für die Herrenriege nach alter Manier noch böse ausgehen, denn die Gefahr ist groß, dass die Männer dann einfach abstürzen.

Quotenfrauen sind besser als ihr Ruf / Handelsblatt 2008

Frauenquoten produzieren Quotenfrauen – das sind Damen, die nur deshalb eine Position innehaben, weil sie das richtige Geschlecht besitzen. Männer, die besser geeignet wären, kommen wegen des falschen Geschlechts nicht zum Zuge. Entsprechend groß ist allseits die Verachtung für Quotenfrauen. Nicht zuletzt erfolgreiche Frauen sind vehement gegen Quotenregelungen, weil sie den schlechten Ruf der Quotenfrau fürchten.

Drei Wirtschaftsforscherinnen der Universitäten Pittsburgh, Stanford und Pompeu Fabra (Barcelona) haben im Labor untersucht, ob diese Einschätzung gerechtfertigt ist. Den beruflichen Aufstieg in einer Hierarchie betrachteten sie – wie in der Ökonomie üblich – als Turnier. In den Experimenten treten die Mitglieder einer Gruppe gegeneinander an und der oder die Beste gewinnt einen Preis, den man sich im realen Arbeitsleben als Beförderung auf die nächsthöhere Hierarchiestufe vorstellen kann. Die anderen gehen leer aus.

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Zu den in der Wissenschaft weithin akzeptierten Erklärungsfaktoren dafür, dass der Frauenanteil von Hierarchieebene zu Hierarchieebene steil abnimmt, gehört, dass viele Männer den Wettstreit lieben. Frauen dagegen, so die durch verschiedene Studien belegte These, gehen einem von Konkurrenz geprägten Umfeld eher aus dem Weg, jedenfalls dann, wenn sie mit Männern konkurrieren.

Die Forscherinnen Lise Vesterlund, Muriel Niederle und Carmit Segal haben untersucht, was passiert, wenn Frauen nicht direkt gegen Männer antreten müssen, um zu gewinnen. Sie ließen Frauen und Männer standardisierte Rechenaufgaben lösen. Zunächst wurden die Teilnehmer einfach danach bezahlt, wie viele Aufgaben sie korrekt lösten. Dabei zeigte sich: Männer waren im Durchschnitt etwas besser als Frauen.

In einer zweiten Runde traten die Teilnehmer in gemischten Gruppen gegeneinander an, nur die besten zwei Teilnehmer gewannen Preise. Auch hier schnitten die Männer besser ab. In einer dritten Runde durften die Teilnehmer vorab wählen, ob sie allein gemäß der eigenen Leistung oder nach ihrer relativen Performance im Vergleich zu den anderen Probanden bezahlt werden wollten.

Wer überdurchschnittlich gut rechnen konnte, fuhr objektiv mit der relativen Entlohnung besser. Dabei gingen zwei Drittel der Teilnehmer leer aus, ein Drittel gewann einen deutlich höheren Preis. Von den Männern, die objektiv mit dem Turniermodus besser bedient waren, entschieden sich alle dafür. Von den Frauen, deren Können dafür gut genug war, war es dagegen nur jede dritte. Die übrigen zogen das bescheidene, aber sichere Salär pro gelöster Aufgabe vor. In der realen Berufswelt kann man sich diese Frauen vorstellen als überdurchschnittlich qualifizierte Mitarbeiterinnen, die sich am Rattenrennen um die besten Jobs nicht beteiligen, sondern still und unauffällig ihren Dienst tun.

Die Forscherinnen fragten die Teilnehmer, wie sie ihre eigene Leistung bewerteten. So stellten sie fest, dass die Männer sich systematisch überschätzten. Frauen dagegen hatten ein realistisches Bild ihrer eigenen Performance.

Interessant ist: Bei den Männern verschwand die Selbstüberschätzung weitgehend, wenn sie nach dem Rangplatz im Verhältnis zu männlichen Konkurrenten gefragt wurden. Offenbar zogen sie einen Großteil des überhöhten Selbstvertrauens daraus, dass sie sich den Frauen in ihrer Gruppe überlegen fühlten.

In einer vierten Turnierrunde führten die Forscherinnen eine Frauenquote ein. Sie legten fest, dass mindestens einer der beiden Sieger weiblich sein musste. Damit stiegen die Erfolgsaussichten für Frauen erheblich. Die Folge: Der Anteil der Frauen, die sich für das Turnier entschieden, stieg drastisch an – auf 83 Prozent. Bei den Männern waren es nur 45 Prozent.

Weil sich plötzlich so viele Frauen für das Turnier entschieden, stieg die Zahl der überdurchschnittlich guten weiblichen Teilnehmer, die miteinander konkurrierten, deutlich an. Weil sich jetzt deutlich mehr als nur ein Drittel der überdurchschnittlich guten Frauen dem Wettbewerb stellten, stieg die Leistungsschwelle, die die Gewinnerin überschreiten musste. Sie war nur geringfügig niedriger als für Männer. Um die 50-prozentige Frauenquote unter den Gewinnern zu erreichen, mussten nur wenige Männer übergangen werden, die bessere Leistungen brachten.

Ohne die Ankündigung der Quotenregel und die dadurch entstehende stärkere Turnier-Beteiligung der Frauen hätte das ganz anders ausgesehen. Wer in der dritten Turnierrunde im Nachhinein gleich viele Männer wie Frauen zu Gewinnern hätte küren wollen, hätte die Leistungsanforderungen für Frauen deutlich senken müssen.

Für das wirkliche Leben lässt sich daraus ableiten: Wer eine Frauenquote einführt, sollte auf der untersten Hierarchieebene anfangen und dies lange vorher ankündigen. Nur dann kann der positive Teilnahmeeffekt seine volle Wirkung entfalten. Dann hat man gute Karten, den Frauenanteil unter den Führungskräften deutlich zu erhöhen, ohne die Qualitätsansprüche herunterschrauben zu müssen.

Literatur zum Thema Frauen in die Aufsichtsräte / von FIDAR

Natürlich ist das Fehlen von Frauen in den Aufsichtsräten schon seit langem ein Thema. Besondere Dynamik bekam es, als Anfang dieses Jahrhunderts in Norwegen die Diskussion über eine gesetzliche Quotierung der Gremien nach Geschlecht einsetzte. Das Ergebnis war eine gesetzliche Frauenquote für die Aufsichtsräte norwegischer Unternehmen. Diese Entscheidung hat zu teils sehr emotionalen Diskussionen geführt.

Die folgenden Publikationen, Studien und Links zu Aufsichtsratsbesetzung und Good Corporate Governance informieren über die Thematik und sollen der Versachlichung der Diskussion dienen. Weiterhin finden Sie nachfolgend Links zu und vergleichbaren Initiativen.

Quotenfrauen sind besser als ihr Ruf
zitiert aus dem Handelsblatt 08.12.2008

Spitzenpositionen in großen Unternehmen fest in der Hand von Männern
DIW Berlin, 2007

Jahresbericht 2006
Bund-Länder-Kommission, 2006

Zusammenfassung Stand Europa Frauen in die Aufsichtsräte
2006

Sprechzettel zu Frauen in die Aufsichtsräte
Die Grünen im Landtag von NRW, 2006

AK Untersuchung
Wien, 2006

Diversity-Management in Deutschland
Ergebnisse einer Unternehmensbefragung
Dr. Stefan Süß/Markus Kleiner, M.A., FernUniversität Hagen, 2006

2. Bilanz Chancengleichheit
BMFSFJ, Februar 2006

An der Spitze ist die Luft dünn
IAB-Kurzbericht, Februar 2006

Frauen in die Aufsichtsräte
Hans-Böckler-Stiftung, Oktober 2005

Frauen in Führungspositionen an Hochschulen und außerhochschulischen Forschungseinrichtungen
Bund-Länder-Kommission, Heft 129, 2005

Frauen auf dem Weg an die Spitze: die Fakten
Dr. Claudia Peus, MIT-Sloan-Vortrag, 2005

Frauen und Führung - Berufliche Segregation und neue Konzepte zur Chancengleichheit
Dagmar Schnatmeyer, 2003

Gegen den Strich gebürstet - Gleichstellungspolitische Rückschlüsse aus der Entwicklung in Skandinavien und Mittel- und Osteuropa
Anke Burkhardt, Wittenberg, Februar 2002

Performancesteigerung durch Frauen an der Spitze

Women Matter 1

Welchen Einfluss haben weibliche Spitzenkräfte auf den Unternehmenserfolg? Mit dieser Frage beschäftigt sich die McKinsey-Studie "Women Matter" aus dem Jahr 2007. Die Untersuchung belegt einen Zusammenhang zwischen der Performance eines Unternehmens und dem Frauenanteil in der Führungsetage.

Die Studie hat ergeben, dass die Unternehmen, in denen am meisten Frauen in der obersten Führungsetage vertreten sind, am erfolgreichsten sind – sowohl in organisatorischer als auch in finanzieller Hinsicht. Darüber hinaus zeigte sie auf, wie wichtig es für Unternehmen ist, die Entwicklung von Frauen in der Wirtschaft zu fördern, damit ihr Anteil in verantwortungsvollen Positionen steigt.

Die Studie bewertet die Organisationsleistung nach neun Hauptkriterien: Führung, Richtung, Umfeld und Werte, Verantwortlichkeit, Fähigkeiten, Koordination und Kontrolle, Motivation, Innovation und Außenorientierung. Es stellte sich heraus, dass Unternehmen, in denen mehrere Frauen in oberen Führungspositionen vertreten sind, bei jedem Kriterium besser abschneiden als Unternehmen, in denen keine Frauen an der Spitze stehen. Besonders ausgeprägt ist die Differenz bei Unternehmen, in denen Frauen mindestens drei von zehn Topmanagement-Positionen bekleiden.

McKinsey wählte für die Analyse die europäischen Firmen mit dem höchsten Anteil an Frauen in Topmanagement-Positionen aus. Diese weisen unbestritten eine höhere wirtschaftliche und finanzielle Performance auf als Unternehmen mit einem geringeren Frauenanteil. Im Durchschnitt übertreffen sie ihren jeweiligen Sektorindex in Bezug auf Kapitalrendite (11,4% vs. 10,3%), Betriebsergebnis (EBIT: 11,1% vs. 5,8%) und Aktienkursanstieg (64% zwischen 2005 und 2007, vs. 47%).

http://www.mckinsey.de/html/publikationen/women_matter/2007/women_matter_01.asp
zunächst gehst es vor allem darum, die Diskussion um eine paritätische Besetzung von Kontrollgremien von der Qualitätsdebatte zu lösen.

Warum müssen Frauen, wenn sie einen Posten in einem Kontrollgremium anstreben, BESSER sein als ein Mann? Die Verknüpfung dieser beiden Diskussionen erschließt sich mir nicht.

Und doch, es gibt eine Reihe repräsentativer Studien, die belegen, dass eine paritätische Besetung von Entscheidungspositionen mit Männern und Frauen zum unternehmerischen Erfolg der Firmen führen. Gerne liefe ich einen Artikel zum Thema in Bälde nach. :-)

Das norwegische Beispiel, da gebe ich Ihnen recht, ist auf Deutschland wohl eher nicht übertragbar, zumindest nicht 1:1. In diesem Punkt würden mir vermutlich auch die Frauen und Männer von FidAR zustimmen. Im Übrigen ist es in Norwegen zu keinen Liquidierungen von Firmen gekommen - über 90 Prozent der Unternehmen haben ihre Kontrollgremien der Frauenquote angepasst, sogar mit großem Erfolg. Nur einige wenige haben schlicht ihre Rechtsform geändert, um die Quote nicht erfüllen zu müssen.

Ich würde mir eine weniger klischeebeladene Diskussion wünschen, die weniger mit Geschlechterstereotypen überfrachtet ist. Ein Wirtschaftssystem, an dem Männer und Frauen gleichberechtigt mitwirken können, würde m.E. nach dem Wohlstand aller dienen. Was ist Ihre Meinung?

Tina Groll, ZEIT ONLINE, Redakteurin Wirtschaft / Karriere

Gleich viele Männer und Frauen in die Kontrollgremien der Wirtschaft

– das fordert der Verein Frauen in die Aufsichtsräte (FidAR). Die Forderung ist wirtschaftlich sinnvoll ( aus der Zeit )

Seit drei Jahren setzt sich die Initiative für mehr Frauen in die Aufsichtsräte (FidAR) für eine Erhöhung des Frauenanteils in der Wirtschaft ein. Rund 70 Mitglieder hat der Verein mittlerweile. "70 Mitglieder ist nicht so viel, aber es kommt auf die richtigen Frauen und Männer an", sagt Monika Schulz-Strelow, Präsidentin der Initiative und lacht. Die richtigen Männer und Frauen – das sind hochkarätige Vertreter aus der Wirtschaft, Manager und Managerinnen, Aufsichtsräte und Vorstände von Unternehmen mit Sitz in Deutschland.
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Der Verband hat sich zum Ziel gesetzt, den Anteil von Frauen in den Aufsichtsgremien der Dax- und MDax-Unternehmen zu verbessern – und das ist auch dringend notwendig. Lediglich 3,7 Prozent der Posten auf Seiten der Anteilseigner sind mit einer Frau besetzt. Selbst wenn man die von Arbeitnehmerseite besetzten Aufsichtsratspositionen mit einbezieht, liegt Deutschland mit einem Frauenanteil von insgesamt 10,8 Prozent allenfalls im europäischen Mittelfeld. Zahlreiche Studien belegen, dass Unternehmen, in deren Führungsspitze mehr Frauen sind, auch wirtschaftlich erfolgreicher sind und zudem ein besseres Image genießen. Erst kürzlich veranstaltete FidAR in Berlin eine international besuchte Tagung zu diesem Thema.

"Es handelt sich um eine so offensichtliche Diskriminierung. Aber das Fehlen der Frauen im Management wurde sehr lange Zeit nicht thematisiert", sagt Monika Schulz-Strelow. Die Unternehmerin, die viele Jahre Geschäftsführerin einer Tochtergesellschaft der IHK Berlin war, wusste aus ihrem eigenen Karriereweg um die Schwierigkeiten, die Frauen begegnen, streben sie einen Posten in einem Kontrollgremium an. "Ich war immer die einzige Frau in Männergremien. Für mich war es selbstverständlich, dass Frauen in Führungspositionen gehören. Aber ich habe auch immer geglaubt, dass das irgendwann von alleine kommt", erzählt die Unternehmerin. Auch für sich selbst.

Als sie ihr Unternehmen umstrukturieren musste, machte sie jedoch eine andere Erfahrung. "Ich habe mich um alle Mitarbeiter gekümmert und gedacht, dass ich nicht kommunizieren muss, was ich für mich möchte. Ich dachte: Die sehen doch, dass ich gut bin", sagt sie. Der erhoffte Karrieresprung erfolgte nicht wie gedacht. Eine Erfahrung, die die Wirtschaftsfrau nachdenklich machte und politisierte.

Als Feministin würde sich Schulz-Strelow jedoch nicht bezeichnen. Man muss vor allem wirtschaftlich argumentieren, sagt sie. Ja, es geht um gleichberechtigte Teilhabe – die ist vor allem gut für ein Unternehmen, weil es flexibler wird und das ist ein klarer Wettbewerbsvorteil", erklärt die Unternehmerin.

Schulz-Strelow fand Mitstreiterinnen in der Wirtschaft und in der Politik. Ende 2006 erfolgte die Vereinsgründung. "Wir wussten: Wenn wir uns ein einzelnes Thema wie Frauen in Aufsichtsräte nehmen, gelingt eine gezielte Ansprache viel besser. Und wir haben uns auch vorgenommen, dass wir uns auflösen, sobald die paritätische Besetzung aller Kontrollgremien erreicht ist", erzählt sie. Bis dahin wird es aber noch ein langer Weg sein. FidAR hat die vergangenen drei Jahre vor allem genutzt, um sich mit Akteuren in Wirtschaft, Öffentlichkeit und Politik zu vernetzen – auch auf europäischer Ebene. Konkret passiert ist noch nicht viel. Unkonkrete Versprechen aus der Politik. "Wir wollen weg von der Lamoryanz. Es muss Richtung Business gehen. FidAR hat nichts mit Charity zu tun“, erklärt die Vereinspräsidentin zackig.

Der Kampf sowohl unterhalb als auch oberhalb der gläsernen Decke sei hart, sagen die Vereinsfrauen. Um eine paritätische Besetzung der Aufsichtsräte zu verwirklichen, setzen die Frauen vor allem auf die Politik. "Wir werden um eine Quote nicht herumkommen, anders wird es nicht gehen", sagt Monika Schulz-Strelow. Das hätten alle Gespräche mit ambitionierten Wirtschaftsfrauen gezeigt. Zunächst soll die Frauenquote nur 25 Prozent betragen.

"Alles andere wäre zu viel", sagt Schulz-Strelow. "Die Wirtschaft ist ein konservatives System, das nach männlichen Spielregeln funktioniert. Die Manager wollen Frauen, die sie auch begreifen können. Wer durch die gläserne Decke will, muss sich männlich verhalten, aber gleichzeitig nicht all zu stark gegen die Frauenrolle verstoßen. Eine Frau braucht Mentoren, Männer brauchen Netzwerke, um nach oben zu kommen. Und beides muss man erst lernen, zu bedienen."

Darum möchte der Verein sich auch für die Qualifizierung von weiblichen Führungspersönlichkeiten einsetzen. Regionalgruppen sollen vor Ort für Mentoringprogramme sorgen. Bis Frauen wirklich die Hälfte der Macht in Händen halten, wird es aber noch dauern. "Es dauert lange, bis Veränderungen in der Denkstruktur männlicher Entscheider geschaffen sind."

"Die Männer sind die Hüter der gläsernen Decke"

Nur wenige Frauen gelangen in Top-Positionen. Der Soziologe Carsten Wippermann erklärt im Interview, wie die Männerwelt die Konkurrentinnen systematisch abriegelt.

ZEIT ONLINE: Herr Wippermann, Sie haben in den vergangenen Wochen die Funktion und Wirkung der gläsernen Decke untersucht. Sind Sie jetzt ein anderer Mann?
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Carsten Wippermann: (lacht) Ich hoffe, meine Frau, die gemeinsam mit mir an der Studie gearbeitet hat, sieht das nicht so. Vor allem unsere beiden Töchter können nichts mehr von der gläsernen Decke hören. Aber ich denke, das ändert sich auch wieder.

ZEIT ONLINE: Sie haben drei Mentalitätsmuster bei Männern im Management ausgemacht, die wie eine dreifache Schranke gegen Frauen wirken. Hat Sie das erstaunt?

Wippermann: Es gab gleich mehrere Ergebnisse, die uns überrascht haben. Zum einen sprachen die von uns befragten Männer sehr positiv über Frauen. Auf der Einstellungsebene haben diese Manager eine große Sympathie für Frauen in Führungspositionen. Aber man kann dies leicht als gender political correctness entlarven, wenn man in die Tiefe geht.

Der Frauenanteil in den Kontrollgremien von Unternehmen mit Sitz in Deutschland beträgt etwa zehn Prozent. Obgleich eine Erhöhung des Frauenanteils seit Jahrzehnten gefordert wird, hat sich bislang kaum etwas verändert. Nun hat ein Forscherteam um den Soziologen Dr. Carsten Wippermann von Sinus Sociovision in Heidelberg im Auftrag des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend untersucht, wie Frauen beim Aufstieg in die Top-Positionen diskriminiert werden. Im Dezember wird die repräsentative Studie "Brücken und Barrieren für Frauen zu Führungspositionen" der Öffentlichkeit vorgestellt. ZEIT ONLINE liegen bereits heute einige der Ergebnisse vor.
Das Forschungsdesign

In einem zweistufigen Verfahren befragten die Forscher zunächst mit standardisierten, disproportionalen Fragebögen Männer und Frauen in Führungspositionen zu ihren Karrierewegen und Karriereeinstellungen befragt. Anschließend führten die Soziologen mit 30 Männern im mittleren und gehobenen Management narrative Tiefeninterviews von zwei bis drei Stunden Dauer durch, um mehr über ihre Einstellungen zu Frauen in Kontrollgremien der Wirtschaft zu erfahren. In einem dritten Schritt wurden Personaldienstleistungsunternehmen befragt.

Die Fragebogenauswertung zeigte, dass Kinder offenbar nicht das Karrierehindernis sind: Immerhin 61 Prozent der befragten Frauen haben Kinder und sind trotzdem in einer Führungsposition. In ihrer Einstellung zu den Erfolgsfaktoren für eine Karriere unterscheiden sich die befragten Managerinnen und Manager nicht. Auch nicht, was ihre Einschätzung über Frauen in Führungspositionen angeht: Hier geben beide Geschlechter an, prinzipiell positiv gegenüber Frauen in Top-Positionen aufgeschlossen zu sein. Während Männer jedoch meinen, dass Frauen mit gleicher Leistung in der Hierarchie aufsteigen, geben 75 Prozent der Frauen an, dass sie viel mehr arbeiten müssen. Die Wahrnehmung ist zwischen den Geschlechtern also unterschiedlich.

Die Tiefeninterviews fördern bei den Männern drei Mentalitätsmuster zu Tage: Allen drei Typen fallen Gründe ein, warum Frauen nicht in die Top-Positionen kommen können, aber keine, weswegen dies gelingen könne. Der konservative Typus glaubt, dass Frauen qua Geschlecht weniger geeignet seien, der emanzipierte Typus nimmt an, dass Frauen schlicht chancenlos gegenüber männlichen Machtritualen sei und der individuelle Typus meint zwar, dass das Geschlecht keine Rolle spiele, aber es nicht genügend authentische und flexible Frauen gebe. Alle drei Mentalitätsmuster wirken zusammen wie mehrdimensional miteinander verschränkte Sperren in Unternehmen: Werden Frauen einer der genannten Anforderungen gerecht, fallen sie somit zugleich unter das diskreditierende Verdikt des anderen. Als Elemente eines Systems erzeugen die Denkmuster damit eine mehrfach gesicherte soziale Schließfunktion mit sehr selektiver Durchlässigkeit.

ZEIT ONLINE: Sie haben in einem ersten Schritt über 500 Männer und Frauen in Führungspositionen bei privatwirtschaftlichen Unternehmen in Deutschland befragt – und anschließend mit 30 Männern Tiefeninterviews geführt. Wussten die Befragten, worum es in der Studie geht?

Wippermann: Nein, wir haben das genaue Thema und den Auftraggeber nicht genannt. Es wäre sonst zu einem Antwortverhalten entsprechend der sozialen Erwünschtheit gekommen. Wir haben den Befragten aber mitgeteilt, dass es um Männer und Frauen in Führungspositionen geht. Auch haben wir absolute Diskretion zusagt. Anders kann man solche narrativen Tiefeninterviews nicht machen.

ZEIT ONLINE: Wie lief die Befragung ab?

Wippermann: Wir hatten einen Untersuchungszeitraum von acht Wochen. Die Manager wurden von Männern befragt, die Interviews wurden aufgezeichnet und hinterher transkribiert. Beim Lesen der Transkripte haben wir in mixed teams gearbeitet. Derjenige, der das Interview geführt hatte, brachte eine tiefe Nähe mit – der Teampartner brachte mit seiner Distanz eine andere Perspektive ein. Es war erstaunlich zu sehen, dass die Interviewer die Aussagen der Manager verteidigt haben. Der Prozess der Auswertung war für uns hoch spannend.

ZEIT ONLINE: Spannend sind die Ergebnisse. Sie machen aus, dass bei Männern in Führungspositionen nur oberflächlich eine Offenheit für Frauen besteht. Aber unter der Oberfläche schlummern Chauvinisten, die lieber unter sich selbst bleiben wollen?

Wippermann: So drastisch würden wir das nicht ausdrücken. Aber Sie haben Recht. Wir haben ausgemacht, dass latent drei verschiedene Mentalitätsmuster mit ihrer je eigenen Logik laufen, die schwer zu enthebeln sind. Wird Frauen der Zugang zu Posten in Kontrollgremien geboten, schließen sich gleich wieder andere Türen. Die dominierenden Mentalitätsmuster wirken wie ein mehrfach abgeriegeltes System.

ZEIT ONLINE: Das müssen Sie genauer erläutern. Wie funktioniert das?

Wippermann: Alle 30 von uns befragten Manager konnte man einem Typus zuordnen. Der eine ist sehr konservativ. Bei ihm kann man eine kulturelle und funktionale Ablehnung von Frauen qua Geschlecht ausmachen. Zitate aus den Interviews sind: Frauen seien eine Irritation im inner circle und unerwünscht im Vorstand. Der andere Typus hat eine emanzipierte Grundhaltung und geht davon aus, dass Frauen chancenlos gegen die Machtrituale seien. Das Topmanagement verlangt Härte und das steht im Widerspruch zum Frauenbild in unserer Gesellschaft. Es fielen Formulierungen wie: Ein Vorstandsposten ist eine andere Sportart – und Frauen hätten nicht die Härte dafür. Frauen, die entsprechend auftreten, wirken dann nicht mehr authentisch – und für diesen Typus ist aber Authentizität ein sehr wichtiger Erfolgsfaktor. Der dritte Typus zeigt einen radikalen Individualismus. Diese Männer sagen, dass das Geschlecht eigentlich keine Rolle dabei spielt, wenn es um die Besetzung einer Führungsposition geht. Aber es gebe nicht genügend Frauen, die authentisch und flexibel genug dafür seien. Alle drei Haltungen kommen in einem Unternehmen vor. Das heißt: Erfüllt eine Frau eine der genannten Anforderungen, steht sie damit im Widerspruch zu den anderen beiden. Die gläserne Decke ist also dreifach gesichert.

"Die Männer sind die Hüter der gläsernen Decke"

ZEIT ONLINE: Woher kommen denn diese Mentalitätsmuster – und konnten Sie erkennen, dass ältere Männer eher konservativ, jüngere eher individuell eingestellt sind?

Wippermann: Woher die Muster kommen, haben wir nicht untersucht. Und wir konnten nicht ausmachen, dass ein Muster bei einer bestimmten Generation besonders stark ausgeprägt war. Es gibt sehr junge Manager, die stark konservativ eingestellt sind und ältere, die eine individuelle Haltung haben. Aber alle wussten genau, warum Frauen nur schwer in Führungspositionen kommen können.

ZEIT ONLINE: Sie haben auch abgefragt, ob sich der Anteil von weiblichen, besonders gut qualifizierten Führungskräften von alleine erhöhen wird. Welches Ergebnis gab es hier?

Wippermann: Sowohl die Männer als auch die Frauen sind wenig optimistisch. 26 Prozent der Frauen glauben daran und 29 Prozent der Männer.

ZEIT ONLINE: Haben Sie auch einen Qualitätsaspekt beleuchtet? Auffällig ist ja, dass wann immer es um den Frauenanteil in Führungspositionen geht, auch die Frage nach der Qualität der Führung gestellt wird.

Wippermann: Wir haben abgefragt, ob die Befragten glauben, dass ein Mehr an Frauen für Unternehmen positiv wirkt. Es stellte sich heraus, dass sowohl Männer als auch Frauen der Meinung sind, dass am Besten für den Erfolg ihres Unternehmens eine Mischung aus einem gleichen Anteil männlicher und weiblicher Manager ist. Es herrschte weitgehend Einigkeit darüber, dass gemischte Teams auch auf internationaler Ebene einen Wettbewerbsvorteil bedeuten, weil die Unternehmen flexibler sind.

ZEIT ONLINE: Was sind Ihre Handlungsempfehlungen?

Wippermann: Diese werden wir formulieren, wenn die Studie veröffentlicht wird. Das Ministerium wird sich hierzu äußern.

ZEIT ONLINE: Zu guter Letzt: In Ihrem Forschungsteam – waren da mehr Männer oder Frauen?

Wippermann: (lacht) Wir waren absolut paritätisch besetzt. Und wie ich schon sagte, habe ich gemeinsam mit meiner Frau an der Studie gearbeitet.

Die Fragen stellte Tina Groll.

Debatte um die Quote

Platz machen, Männer!

Frankreich will seinen Unternehmen wieder einmal eine Frauenquote vorschreiben. Das passt vielen nicht
Keine Führungskräfte, aber "Botschafterinnen" 
des französischen Kosmetikkonzern L'Oreal: Die Schauspielerinnen Eva 
Longoria, Andie MacDowell and Kate Del Castillo (von links nach rechts) 
während einer Feier für das Unternehmen auf dem Walk of Fame in 
Hollywood
Keine Führungskräfte, aber "Botschafterinnen" des französischen Kosmetikkonzern L'Oreal: Die Schauspielerinnen Eva Longoria, Andie MacDowell and Kate Del Castillo (von links nach rechts) während einer Feier für das Unternehmen auf dem Walk of Fame in Hollywood
Es sei wichtig, dass es Zwänge gibt. Ohne solche Zwänge würden Frauen im Berufsleben nicht vorwärtskommen. Das sagt ein Mann. Jean-Claude Le Grand, Personalchef des französischen Kosmetikkonzerns L’Oréal. Er sitzt in seinem Pariser Büro und zitiert aus einer Liste: »56 unser Führungskräfte sind Frauen.« 37 Prozent der Abteilungsleiter seien weiblich, 15 Prozent des Vorstands und mehr als 20 Prozent des Aufsichtsrats. Dass Frankreich nun alle Großunternehmen zu einer ähnlichen Firmenpolitik verpflichten will, findet Le Grand gut: »Gemischte Teams sind kreativer und leistungsfähiger.« Bei L’Oréal kommen die meisten Patente aus Laboren, die paritätisch mit Frauen und Männern besetzt sind.
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Ende Januar wird das französische Parlament einen Gesetzentwurf diskutieren, der allen staatlichen und börsennotierten Unternehmen innerhalb von fünf Jahren einen Frauenanteil von 50 Prozent in ihren Aufsichtsräten vorschreibt. Andernfalls drohen Sanktionen, und sämtliche Beschlüsse der Kontrollgremien könnten für nichtig erklärt werden.
Der Vorstoß kommt einer kleinen Revolution gleich. Denn innerhalb Europas belegt Frankreich – trotz der Berufstätigkeit von mehr als drei Vierteln aller Frauen – nur einen der hinteren Plätze, wenn es um Frauen in Führungspositionen geht. Von den Aufsichtsräten der 500 größten Unternehmen sind nur acht Prozent Frauen. Deutschland schneidet mit zwölf Prozent allerdings nur wenig besser ab. Und das auch nur, weil die Seite der Arbeitnehmervertreter hierzulande auf mehr weiblichen Einfluss setzt. Den Spitzenplatz nimmt Norwegen ein, wo 2003 ein entsprechendes Gesetz eine Frauenquote von 40 Prozent in den Kontrollgremien vorschreibt.
Als Jean-François Copé, Fraktionsvorsitzender der konservativen französischen Regierungspartei UMP, den Vorschlag einbrachte, ließ er es an markigen Worten nicht fehlen. »Wir brauchen einen Elektroschock«, sagte er und meinte damit grundsätzlich das Zahlenverhältnis zwischen Männern und Frauen in den Betrieben. »Ein Unternehmen wird nicht in Konkurs gehen, weil es genauso viele Frauen wie Männer beschäftigt«, legte er nach.
»Man muss sich schon fragen, was die Männer plötzlich reitet«, sagt Armelle Carminati-Rabasse und lacht. Sie ist Personalchefin bei der Unternehmensberatung Accenture in Paris. Schließlich bezahlte ausgerechnet die UMP nach den Parlamentswahlen 2007 lieber rund fünf Millionen Euro Strafe, als sich an die seit 2000 geltende Vorgabe zu halten, wonach Frankreichs politische Parteien bei Wahlen ebenso viele Frauen wie Männer aufstellen müssen.
Womöglich ist es das Umfragetief vor den im März anstehenden Regionalwahlen, das die Konservativen nun antreibt. »Dieses Mal haben wir eine echte Chance«, freut sich Carminati-Rabasse. Doch wie immer, wenn die Rede ist von Frauenquoten, fragen sich nun auch die Französinnen, ob man ihnen nicht womöglich einen Bärendienst erweist. »Natürlich ist es unangenehm, wenn eine Frau das Gefühl haben muss, dass sie wegen ihres Geschlechts engagiert wird«, sagt Roselyne Sands, Partnerin bei der Unternehmensberatung Ernst & Young. »Aber im Laufe der Zeit bin ich zu der Einsicht gelangt, dass die Abwesenheit von Frauen nicht bedeutet, dass es keine qualifizierten Kandidatinnen gibt. Männer haben einfach die besseren Netzwerke.«
Eine Einschätzung, die Sands mit den Absolventinnen und Absolventen der berühmten französischen Elitehochschulen teilt. In einer Umfrage unter mehr als 5000 Ehemaligen, denen üblicherweise das Tor zu den besten Jobs in Industrie und Verwaltung offensteht, sahen im vergangenen Herbst 75 Prozent der Frauen und immerhin 52 Prozent der Männer nur geringe Chancen, dass Frauen ohne ausdrückliche Förderung in Top-Positionen aufsteigen könnten. 71 Prozent der Franzosen könnten sich auch mit einer Quotenregelung anfreunden.
Für die Chemikerin Reine Note, die bei L’Oréal in der Forschung arbeitet, war der hohe Frauenanteil jedenfalls ein Grund, sich bei dem Unternehmen zu bewerben. »Vielfalt schafft auch Einfallsreichtum«, sagt die 36-jährige Kongolesin. Die hauseigene Kinderkrippe, der zusätzlich zum Mutterschutz gewährte Erziehungsmonat und die Tatsache, dass auch Führungskräfte am in Frankreich schulfreien Mittwoch und freitags früher Feierabend machen dürfen, erklären allerdings auch bei L’Oréal nicht die Kluft zwischen dem Frauenanteil bei den Führungskräften und den wenigen, die es in den Vorstand geschafft haben.
Wenn Unternehmenschefs künftig ihre Getreuen nicht mehr so einfach in die Kontrollgremien berufen dürften, würden dort die Personalvorschläge auch nicht länger kritiklos abgesegnet, hofft Carminati-Rabasse. »Deshalb ist es so wichtig, bei den Aufsichtsräten anzufangen, wenngleich das nicht sofort das Leben von 20000 Frauen in Frankreich verändern wird. Aber wir werden sicher einen Lerneffekt erleben, der sich dann fortsetzt.« Allerdings regt sich auch Widerspruch. Unternehmen in typischen Männerdomänen wie Bau oder Erdölverarbeitung klagen, sie könnten die Vorgaben nicht erfüllen, zumal der Gesetzentwurf nach 18 Monaten bereits eine Quote von 20 Prozent und nach vier Jahren einen Frauenanteil von 40 Prozent vorsieht. »Ich kann mir nicht vorstellen, wie man private Unternehmen dazu zwingen will«, sagt auch die Arbeitsrechtlerin Isabelle Ruisseau. Spannend werde es, sobald der erste Mann klage. Wenngleich die französische Verfassung seit vergangenem Sommer ausdrücklich festschreibt, dass Frauen und Männer die gleichen Aufstiegschancen in politischen Ämtern wie im Berufsleben haben sollen, geht Ruisseau davon aus, dass das Verfassungsgericht eine Quotenregelung kippen würde.
Es wäre nicht das erste Mal. Ein ähnliches Gesetz, das eine Quote von lediglich 20 Prozent vorsah, wurde 2006 kassiert – mit der Begründung, dass Frauen und Männer vor dem Gesetz gleich zu behandeln seien. Nur drei der zwölf Richter waren Frauen.